
Erbausschlagung – Chancen, Risiken und rechtliche Konsequenzen
Allgemein August 1, 2025Die Entscheidung, eine Erbschaft auszuschlagen, sollte wohlüberlegt sein. Häufig erscheint dies als sinnvoll, etwa wenn der Nachlass überschuldet ist oder Konflikte innerhalb der Erbengemeinschaft drohen. Doch die Erbausschlagung kann unerwartete Konsequenzen nach sich ziehen, insbesondere wenn sie gezielt dazu genutzt wird, die Erbfolge zu steuern. In diesem Beitrag erfahren Sie, worauf zu achten ist und wie Sie rechtliche Fallstricke vermeiden können.
Wann ist eine Erbausschlagung sinnvoll?
Eine Erbausschlagung kann in verschiedenen Situationen eine kluge Entscheidung sein:
Taktische Erwägungen: Manchmal wird eine Ausschlagung genutzt, um eine bestimmte Erbfolge zu ermöglichen – beispielsweise, wenn Kinder zugunsten eines überlebenden Elternteils verzichten.
Überschuldeter Nachlass: Wenn die Verbindlichkeiten des Erblassers den Wert des Nachlasses übersteigen, ist eine Ausschlagung oft die beste Option, um persönliche finanzielle Risiken zu vermeiden.
Erbengemeinschaft vermeiden: In manchen Fällen möchten Erben nicht Teil einer Erbengemeinschaft werden, insbesondere wenn absehbare Streitigkeiten drohen.
Gefahren einer taktischen Erbausschlagung
Insbesondere bei der gezielten Steuerung der Erbfolge durch eine Ausschlagung ist Vorsicht geboten. Die gesetzliche Erbfolge kann in unerwartete Bahnen gelenkt werden. Ein typisches Beispiel: Stirbt ein Ehemann ohne Testament, erben nach der gesetzlichen Regelung seine Ehefrau und Kinder gemeinsam. Um die Ehefrau zur Alleinerbin zu machen, könnte überlegt werden, dass die Kinder ihre Erbschaft ausschlagen. Doch dies kann problematisch sein.
Wird die Erbschaft durch die Kinder und eventuell auch durch Enkel ausgeschlagen, dann geht der Nachlass nicht automatisch an die überlebende Ehefrau. Stattdessen treten die Eltern des Erblassers in die gesetzliche Erbfolge ein. Sind diese bereits verstorben, erben deren weitere Kinder, also die Geschwister des Verstorbenen, oder sogar deren Nachkommen. Dies führt oft zu einer unerwarteten und unerwünschten Erbengemeinschaft mit entfernten Verwandten.
Rückgängigmachung einer Erbausschlagung – Ist das möglich?
Einmal getroffene Entscheidungen zur Erbausschlagung lassen sich nur schwer rückgängig machen. Eine Möglichkeit besteht in der Anfechtung der Ausschlagung. Diese kann jedoch nur unter engen Voraussetzungen erfolgen, beispielsweise wenn ein relevanter Irrtum vorlag. Wer sich jedoch darüber geirrt hat, dass nicht die Ehefrau Alleinerbin wird, sondern entfernte Verwandte miterben, hat nach aktueller Rechtsprechung keinen beachtlichen Anfechtungsgrund. Damit bleibt die Ausschlagung bestehen – mit all ihren möglicherweise unerwünschten Konsequenzen.
Besser vorsorgen: Rechtzeitige Beratung und Testament
Erbangelegenheiten sind komplex und bergen zahlreiche rechtliche Fallstricke. Wer eine Erbschaft ausschlagen möchte, sollte sich frühzeitig fachkundig beraten lassen.
Noch besser ist es, bereits zu Lebzeiten vorzusorgen: Ein durchdachtes Testament kann sicherstellen, dass der Nachlass genau so verteilt wird, wie es gewünscht ist. Dadurch lassen sich unangenehme Überraschungen und schwierige Entscheidungen nach dem Erbfall vermeiden.
Notarinnen und Notare stehen Ihnen als neutrale und kompetente Berater zur Seite, um für Sie und Ihre Familie die beste Lösung zu finden.